Schwäbische Maschinen für heilige Pilger
über Mekka, RIVA und SHW
(Backnang/Aalen/Mekka) Wenn 2018 Umbau und Erweiterung der heiligen Moschee in Mekka fertig sein werden, dann hat ein deutsches Unternehmen dazu maßgeblich beigetragen. Für Türen, Tore und Fassaden sowie für Balustraden, Ornamente und vergoldete Deckenleuchtsysteme zeichnet RIVA Engineering aus Backnang verantwortlich. Das dynamisch wachsende Unternehmen hat SHW Werkzeugmaschinen einen Rekordauftrag beschert indem es zehn Fahrständermaschinen des Traditionsunternehmens in Betrieb genommen hat. Bei der Zerspanung riesiger Werkstücke aus anspruchsvollen Materialien leisten diese wiederum Rekordverdächtiges.
„Wir fertigen für die Bauten der heiligen Moschee in Mekka optisch sehr anspruchsvolle Elemente aus Metall, die in dem klimatisch schwierigen Umfeld dauerhaft bestehen müssen“, betont Klaus Rasch, Prozessentwickler bei RIVA GmbH Engineering in Backnang. Dafür hat das dynamisch wachsende Unternehmen jüngst zehn Fahrständermaschinen inklusive einer Kompaktmaschine von SHW Werkzeugmaschinen in Betrieb genommen und dem Aalener Traditionsunternehmen 2013 den größten Auftrag der 650 Jahre zurückreichenden Firmengeschichte beschert. Geliefert wurden vier Fahrständermaschinen der Baureihe PowerSpeed 6 mit Kopfwechselsystem und mit doppelten Ständern für Synchron- beziehungsweise Parallelbearbeitung. „Genaugenommen sind es jeweils zwei Maschinen, die miteinander kommunizieren“, präzisiert Christian Hühn, einer der Geschäftsführer von SHW Werkzeugmaschinen. Durch die Parallelbearbeitung von großen, schwer zu handhabenden Werkstücken spart RIVA viel Bearbeitungszeit und erhöht die Produktivität und Qualität bei nur einer Aufspannung. Zusätzlich stehen noch eine PowerSpeed 5 und eine UniSpeed 6 von SHW WM in den beiden nagelneu erbauten riesigen Hallen. Diese glänzen durch ihre klare und luftige Architektur genauso wie durch ihre gläsernen Fassaden.
Dynamisches Wachstum für Großprojekt mit Zeitdruck
Die Größe des Maschinenparks und der Hallen überrascht zunächst, und dennoch sind die SHW Maschinen nur ein Teil des gesamten Maschinenparks. So erblickt der staunende Betrachter noch viele weitere Bearbeitungsmaschinen deutscher Hersteller. Genauso wie eine im Bau befindliche dritte Halle und einen angrenzenden Bauplatz für eine vierte Halle. „Bis 2018 soll in Mekka alles fertig sein. Da drängt die Zeit“, bekräftigt Rasch. Bearbeitet wird auf den SHW Maschinen Aluminium sowie die gesamte Bandbreite an Edelstählen bis hin zu hochfestem und äußerst schwer zu zerspanendem Duplexstahl. Die großen Werkstücke, die auf den Maschinen bearbeitet werden, haben ein maximales Format von 12.000 x 2500 mm. Hierzu sind die Maschinen mit dem automatischen Universalfräskopf in orthogonaler Bauweise und dem Gabelkopf mit Hochfrequenzspindel ausgestattet.
Die RIVA GmbH Engineering fertigt für die Erweiterungsbauten der heiligen Moschee in Mekka Türen, Tore und Fassadenelemente mit einstückigen Isolierglaseinheiten bis 15 Meter Höhe sowie Balustraden, Ornamente und Deckenleuchtsysteme. Was so unspektakulär klingt entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als höchst anspruchsvolle Aufgabe. So werden bis zu 6,30 m breite und knapp 7 m hohe, zweiflügelige Schwenktore und bis zu 16 m breite, vierflügelige Tore aus Glas geliefert, deren je Flügel knapp vier Tonnen wiegenden Glaselemente umlaufend von massiven Profilen aus Duplexstahl eingefasst sind. Die insgesamt über 100 Tore müssen in den schwierigen klimatischen Bedingungen der Wüste mit Temperaturen von nachts unter 0° C und tagsüber bis 50° C sowie Sand und Staub reibungslos funktionieren. Schließlich sollen sie den Pilgerstrom lenken und im Gefahrfall schnell schließen oder öffnen, um Panikfälle wirkungsvoll zu verhindern.
Edelstahlprofile werden zum Abschluss vergoldet
Für die Schwerzerspanung großer Werkstücke eignen sich die SHW Maschinen ideal. Jedes Tor besteht aus zwölf Teilen und vielen Kleinteilen – je vier Profile pro Flügel, Seitenstützen und Bodenplatten sowie ein Überleger über die gesamte Torbreite, in dem die Flügel geführt werden. „Der passt gerade so auf den Maschinentisch“, erzählt Michael Lutz, Projektleiter von SHW Werkzeugmaschinen. Allein das untere Profil der Toreinfassung wiegt vor der Bearbeitung etwa 800 kg und nach den Fräs- und Bohroperationen rund 500 kg. Das erfordert auch eine hohe Leistung für das Spänemanagement. Die Späne werden direkt an der Maschine sortenrein nach Edelstahl oder Aluminium getrennt und abtransportiert. Für je zwei Maschinen ist eine Anlage zur Kühlschmierstoffversorgung installiert. Nach der Zerspanung gehen die Werkstücke noch zum Schleifen und Polieren sowie zum Vergolden. Die auf Hochglanz polierten Edelstahlteile erhalten eine 3,5 µm dicke Schicht aus purem Gold.
Für die Innenraumbeleuchtung der heiligen Moschee in Mekka steuert die RIVA GmbH Engineering über 12.500 Laufmeter Leuchten bei. Deren „Leuchtengitter“ ist jedoch keineswegs aus dünnem Blech gefertigt. RIVA fräst dafür auf den SHW Maschinen aus massivem Edelstahlblech die typischen orientalischen Muster heraus, bevor auch diese anschließend vergoldet werden. Klaus Rasch erklärt: „Qualität ist das Allerwichtigste. Alles soll nicht nur schön aussehen, sondern auch dauerhaft halten.“ Das gilt auch für die Fassadenelemente, die in großer Zahl in den riesigen Erweiterungsbauten eingeplant sind. Etwa zwei mal sechs Meter messen die 70 mm dicken Aluminiumplatten, aus denen ebenfalls die klassischen orientalischen Ornamente herausgefräst werden, bevor je zwei von ihnen eine Glasscheibe oder ein „bird mesh“ in ihre Mitte nehmen und in die Fassade integriert werden.
Mit einer Fahrgeschwindigkeit von 30.000 mm/min. kommen die Doppelständer der PowerSpeed 6 auf ihrem 14.000 mm langen Verfahrweg schnell an jede Stelle der bis zu 12.000 mm langen Werkstücke. Senkrecht fährt der Spindelstock in Z-Richtung bis auf 2100 mm in die Höhe und waagrecht in Y-Richtung bis auf 1500 mm in dem auf Kundenwunsch gedrehten Koordinatensystem. Kernstück der SHW Maschinen ist seit über 50 Jahren der kompakte und kraftvolle automatische Universalfräskopf in orthogonaler Bauweise. Mit dem gelenkigen Fräskopf können rechnerisch mehr als 216.000 Positionen des Werkstücks schnell und positionsgenau angefahren werden, resultierend aus 180° Schwenkbereich der A-Achse und 360° der stufenlosen C-Achse, wie sie bei Ausführungen mit Kopfwechselsystem zum Einsatz kommt. Der kompakte Kopf schwenkt vollautomatisch in jede gewünschte Position. „Das schafft genau die Flexibilität und eine hohe Maschinenverfügbarkeit von über 90 Prozent, die wir in der oftmals sehr kurzfristigen Fertigungsplanung brauchen“, bestätigt Rasch.
Zuverlässigkeit des Maschinenbauers extrem wichtig
Als Prozessentwickler ist er bei RIVA mit für die Maschinenauslegung und -auswahl verantwortlich. „Die Nähe von SHW war und ist immens wichtig. So ist der kurze Anfahrtsweg genauso entscheidend wie die Service-Verfügbarkeit und Servicebetreuung mit einem zentralen Ansprechpartner“, nennt Rasch wichtige Kriterien. Ebenso war die Lieferzuverlässigkeit, die die Aalener zusichern konnten, ein großes Plus. Noch einmal Klaus Rasch: „Wir haben bei der Auswahl darauf geachtet, dass der Maschinenbauer das auch stemmen kann und nicht nur verspricht.“ Und so hat SHW Werkzeugmaschinen zuverlässig die Maschinen angeliefert und installiert. „Obwohl der Auftrag auch für uns eine große Herausforderung darstellte“, betont Geschäftsführer Anton Müller. Zeitweise war in Wasseralfingen die Hälfte der Produktionsflächen damit belegt. Der Zeitplan war dermaßen eng, dass auch die Anlieferung durch die LKWs und die Komplettinstallation der Maschinen mit 20 Fachkräften in mehreren Montageteams höchste Anforderungen stellte. Während am Ende der Halle noch die Inbetriebnahme einer Anlage lief, wurde auf der ersten Maschine am Hallenanfang bereits zerspant. Michael Lutz erinnert sich: „Als wir die erste Anlage hinter provisorischen Stellwänden installierten, war am Ende der Halle noch nicht einmal der Boden fertig.“
Zerspanungsprozesse werden zur Live-Übertragung
Dass überall in den Fertigungshallen nur deutsche Maschinen stehen mag zunächst verwundern, hat aber einen einfachen Grund, den Rasch erläutert: „Unsere Kunden erwarten Qualität ‚Made in Germany’, weshalb nur beste Technologien in höchster Qualität zum Einsatz kommen.“ Davon überzeugen sich die Vertreter des Kunden gerne persönlich vor Ort. Sie kommen ab und zu vorbei, um den Auftragsfortgang zu begutachten. Das erklärt auch, warum an den Umhausungen der SHW Anlagen riesige RIVA-Schriftzüge in blau oder rot schon von weitem den Betriebszustand der Maschinen signalisieren und riesige Flachbildschirme hängen, auf die die laufenden Zerspanungsprozesse durch hochauflösende Kameras übertragen werden. „Unsere Kunden haben so die Möglichkeit, Zerspanungsprozesse live mitzuerleben, ohne den Maschinenraum betreten zu müssen.“ Mit der Arbeit der SHW Maschinen ist man bei RIVA sehr zufrieden.