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Heiße Sache für Ozeanriesen

über Mahle Filtertechnik und Bott

 

(Mössingen/Öhringen) Im Rahmen einer Innovationsoffensive entwickelte Mahle Industriefiltration die Brennstofffilter ihrer Baureihe COM plus für mit Schweröl betriebene Großmotoren weiter. Dazu wurde die Spülfunktion der automatischen Abreinigung von elektromechanischem auf hydraulischen Antrieb umgestellt. Die Hydraulikexperten der Wolfgang Bott GmbH & Co. KG fanden eine patente Lösung, die die riesigen Motoren während der Filterreinigung zuverlässig und autark mit Brennstoff versorgt. Für die ökonomischen und ökologisch fortschrittlichen Automatikfilter im heißen Kreislauf ist die weltweit einzigartige Lösung ein echter Wettbewerbsvorteil und für Reeder eine große Beruhigung. Denn das internationale Seerecht ist gnadenlos.

„Wenn ein Schiffsmotor ausfällt und das Schiff manövrierunfähig dahintreibt geht es in den Besitz desjenigen über, der den Havaristen an den Haken nimmt“, schildert Manfred Schnell die Gesetze des internationalen Seerechts. „Bei einem Containerschiff würde der Reeder neben dem Schiff auch noch die meist zigmillionen Euro teure Ladung verlieren.“ Der Leiter Produktmanagement Automatikfilter bei Mahle Industriefiltration in Öhringen ist mitverantwortlich dafür, dass die Brennstofffilter nicht zur Ursache eines Motorschadens werden. In enger Zusammenarbeit mit der Wolfgang Bott GmbH & Co. KG entstand eine bisher einzigartige, autarke Hydrauliklösung, die nicht nur die Rückspülung einleitet und dabei dem Motor sauberen und vorgeheizten Kraftstoff zuführt, sondern gleichzeitig den abgereinigten Schlamm in den dafür vorgesehenen Tank abführt.

Filter sollte einfacher, kompakter und billiger werden

Da Brennstofffilter bei den mit Schweröl betriebenen Großmotoren, wie sie in Ozeanriesen verbaut werden, eine Schlüsselstellung für die Versorgung mit Treibstoff innehaben, müssen sie absolut reibungslos und zuverlässig funktionieren. Die Brennstofffilter COM plus von Mahle Industriefiltration filtern das hochviskose Schweröl, das zuvor auf bis zu 150° C erhitzt wurde, und bereiten durch hohe Abscheidegrade und innovative Filterreinigungstechnik den Kraftstoff für die Großmotoren auf. Bei dieser Absolutfiltration werden kleinste Partikel von bis zu 10 µm zurückgehalten. Die regelmäßig erforderliche Abreinigung des Filters wird unterstützt von einem hydraulischen System, das die Experten der Wolfgang Bott GmbH & Co. KG in Rekordzeit entwickelten. Das automatisch einsetzende, autarke System sorgt bei der Rückspülung mit höchstens fünf Litern Spülflüssigkeit dafür, dass während des Reinigungsvorgangs Druck und Volumenstrom des Brennstoffs nicht abreißen. „Sonst würde der riesige Dieselmotor schnell anfangen zu stottern“, erklärt der Konstruktionsleiter für Industriefilter, Albert Schick von Mahle Industriefiltration.

Im Rahmen einer Produktweiterentwicklung wollte das projektver­antwortliche Team von Mahle Mitarbeitern aus Flintbek und Öhringen weg von der Vorgängerlösung mit elektromechanischem Antrieb für die Filterreinigung. Schick schildert, warum: „Die neue Lösung sollte mit kraftvoller Hydraulik betriebssicher arbeiten und dabei sollte der gesamte Filter einfacher und kompakter werden, leichter zu montieren und zu warten, und dabei auch noch billiger sein.“ „Oberste Priorität hat dabei die zuverlässige Funktion“, ergänzt Schnell.

Raue See bedingt häufigere Rückspülung

Die Abreinigung der Filtergewebe setzt bei den Brennstofffiltern der COM plus Baureihe, die es in drei Größen gibt, entweder zyklisch nach eingestellten Zeitintervallen oder variabel nach Erreichen einer einstellbaren Differenzdruckmarke ein. Die variable Auslösung ist wichtig, denn je nach Betriebssituation des Motors kann eine Rückspülung früher oder später notwendig sein. So kann beim Start eines Containerschiffes mit Ablege- und  Wendemanövern im Hafen alle fünf bis zehn Minuten eine Abreinigung nötig werden, da hierbei viel Brennstoff durch den Filter fließt. „Auch raue See bedingt häufigere Spülvorgänge“, erklärt Markus Pracher, „denn dann verunreinigen aufgeschaukelte Sedimente den Brennstoff vor dem Filtern mehr als bei ruhiger See“, so der Mahle Konstrukteur weiter. Bei normaler Fahrt in ruhiger See spült sich der Filter etwa ein mal pro Stunde.

Für die Hydrauliklösung hat das Projektteam im Januar 2011 einen kompetenten Hersteller – „keinen Händler“ - gesucht, der auch räumlich nicht zu weit entfernt sein sollte. Schnell stieß man dabei auf die Experten der Wolfgang Bott GmbH & Co. KG in Mössingen. „Wir sollten in sehr kurzer Zeit eine betriebssichere Hydrauliklösung für die Rückspülung entwickeln und bis zur Serienreife bringen“, erinnert sich Markus Haist, Technischer Leiter bei Bott. „Eine äußerst anspruchsvolle Aufgabenstellung.“ Ein Filter mit dem im Juni gelieferten Hydraulikantrieb überzeugte und wurde bereits im August in eines der weltgrößten Containerschiffe eingebaut. Bei jedem, etwa dreieinhalb Sekunden dauernden Spülvorgang werden fünf Liter vorgeheizter Brennstoff aus dem Kompensator in den Filter gedrückt während gleichzeitig der zylindrische Einfach- oder Doppelfilter mit plissiertem Filtereinsatz und bis zu 22.000 cm2 Fläche durch eine umlaufende Spüldüse mit einem Differenzdruck von Δ p 0,5 bar gegenüber den 16 bar Nenndruck abgereinigt wird.

Autarkes System arbeitet einfach, sicher und wirkungsvoll

Das autarke Antriebssystem arbeitet ohne fremde Energiezufuhr auf hydropneumatischer Basis, indem ein mit Medium gefüllter Druckspeicher über eine Verbindungsstange mit dem Kolben im Kompensator verbunden ist. Dieser Kolben, der die Brennstoffseite von der Schmutzseite trennt fungiert als Passivkolben. Geregelt wird der Vorgang alleine durch ein Schaltventil und zwei Drosseln zur Feinjustierung der Verstellzeiten. Durch diese clevere Ausführung benötigt das System keine Fremdenergie. Dadurch kann auf eine komplexe Steuerung genauso verzichtet werden, wie auf eine umfangreiche Sensorik, was beides vergleichsweise fehleranfällig und wartungsintensiv ist. Diese intelligent realisierte Lösung senkt einerseits die Herstellungskosten und sorgt andererseits für einen stabil und zuverlässig an- und ablaufenden Rückspülvorgang. Die Betriebs- und Ausfallsicherheit erhöht sich deutlich gegenüber elektromechanischen Lösungen. Darüber hinaus ist das System sehr viel wartungsfreundlicher.

Ähnlich eines Stoßdämpfers wird das System in maximal 40 Sekunden vorgespannt, indem sich der Kompensator mit sauberem Kraftstoff füllt. Ist die voreingestellte Zeit erreicht oder die vorgewählte Differenz zwischen Eintrittsdruck von der Schmutzseite und Austrittsdruck an der Sauberseite überschritten, wird die Spülmenge aus der Kammer in den Filter gedrückt und gleichzeitig die sich öffnende Hälfte der Kammer mit abgereinigtem Schlamm gefüllt. Anschließend drückt der Antrieb des Kompensators die Schmutzseite leer und befüllt zeitgleich die Sauberseite mit gereinigtem Kraftstoff. Das System ist wieder gespannt für die nächste Spülung. Den völlig autark ablaufenden Vorgang erklärt Entwickler Haist so: „Der Speicher nutzt die Druckverhältnisse im System, um den Puffer zu befüllen genauso wie zur Abgabe des Brennstoffs in den Filter für den Rückspülvorgang.“

Weltweit einzigartig: vorgeheizte Spülflüssigkeit

Das alles geschieht, während der Filtervorgang weiterläuft, ohne wahrnehmbaren Druckabfall oder Minderung des Volumenstroms. Bis zum nächsten Abreinigungsvorgang bleibt der Kraftstoff vorgeheizt im Kompensator. Das Vorheizen des Kraftstoffs im Kompensator ist weltweit einzigartig und sorgt für einen störungsfreien Spülbetrieb. „Ebenso ist uns kein System bekannt, das mit nur fünf Litern Spülflüssigkeit auskommt“, betont Pracher. Haist schildert einen Vorteil: „Dadurch konnten wir die gesamte Baugruppe sehr platzsparend bauen.“ „Das erleichtert den Einbau des Filters ungemein“, bestätigt Schnell die Erfüllung einer zentralen Forderung. Weil die Die Brennstofffilter COM plus von Mahle Industriefiltration mit der autarken Rückspülfunktion direkt im heißen Kreislauf eingesetzt werden können, sparen sich die Betreiber den Filter im kalten Kreislauf in Verbindung mit einem so genannten Polizeifilter im heißen Kreislauf.

Hydraulikspezialist findet autarke Lösung

Für die Experten des Hydraulikspezialisten Bott ist die Lösung eine runde Sache. Denn neben Idee und Entwicklung fertigen die Mitarbeiter auch die Serienprodukte. In Mössingen ist man es gewohnt mit höchsten Qualitätsanforderungen und geringsten Toleranzen zu produzieren. So ist die Fertigungstiefe bei Bott sehr groß. Und dabei unterstützen erstklassige Werkzeugmaschinen und Bearbeitungszentren die Mitarbeiter bei der Erreichung der sehr hohen Qualitätsziele. In den Produktionshallen findet sich das Who-is-who des deutschen Werkzeugmaschinenbaus. „Wir wollen stets die beste Lösung für den Kunden entwickeln und diese dann prozesssicher und wiederholgenau als Serienprodukt fertigen“, betont Markus Haist abschließend.